Nun schreibe ich die ganze Zeit von Waldgarten, food forest oder forest garden und habe noch nicht erklärt was das ist oder was ich mir darunter vorstelle. Dies möchte ich mit diesem Artikel nachholen.
Unter einem Waldgarten verstehe ich ein vom Menschen geschaffenes oder modifiziertes Ökosystem, bestehend aus Bäumen, Sträuchern, mehrjährigen und einjährigen Pflanzen. Der Unterschied zu einem Wald ist, dass Pflanzen eingesetzt werden, die entweder einen direkten Nutzen für uns Menschen haben oder in irgendeiner Weise für andere Pflanzen und Tiere nützlich sind. So finden sich in unserem Waldgarten viele Obst und Nussbäume, aber auch Beinwell als Mulchpflanze und Futter für Hummeln und unsere Enten oder Goumibeeren als Stickstoffbinder.
Das Wort Waldgarten finde ich im deutschen etwas irreführend, zumindest für unsere Klimazone. Denn im Gegensatz zu den Tropen sehen Waldgärten hierzulande eher aus wie lichte, junge Wälder oder Waldränder ohne ein dichtes Blätterdach. Das liegt daran, dass wir hier (ca. Zone 7, usda hardyness zones ) viel weniger Sonnenlicht zur Verfügung haben und wir also anders gestalten müssen um noch Licht für die unteren Ebenen des Ökosystems durchzulassen. Würden sich die Kronen der oberen Ebene überall berühren, wäre es darunter ziemlich schattig und es würde kaum noch etwas produktives wachsen.
Zudem gibt es auch Waldgärten die eben nur das sind: Gärten im Wald. Das hat mit einem food forest wenig zu tun…
Essbarer Waldgarten wäre wohl etwas weniger irreführend aber auch noch nicht perfekt denn es ist nicht alles essbar in einem essbaren Waldgarten.
Die englischen Wörter food forest und forest garden passen meiner Meinung nach etwas besser, vermitteln aber immernoch den Eindruck, es handele sich um einen Wald.
Da mir aber keine anderen Begriffe bekannt sind, die es besser treffen werde ich nun trotzdem weiter von Waldgarten schreiben.
Aber was ist denn nun ein essbarer Waldgarten? Wo kommt diese Idee her?
Schon immer haben wir Menschen (und viele andere Tiere auch) Einfluss auf unsere Umgebung genommen. So auch bei der zusammensetzung der Pflanzenwelt. So haben wir bestimmt auch schon vor unserem Sesshaftwerden und der Landwirtschaft, die Pflanzen gesäht und verbreitet die uns eine gute Nahrungsquelle oder sonst irgendwie nützlich waren. So entstanden modifizierte Landschaften die kaum Pflege benötigten, aber trotzdem unseren Bedarf gut decken konnten.
Ähnliche modifizierte Landschaften fanden auch die Europäischen Siedler vor, als sie das erste mal nach Nord America kamen (dazu gibt es inzwischen einige Forschungsprojekte). Sie hielten diese ertragreiche Landschaft für wilde, unberührte Natur und konnten leider nicht begreifen, was sie wirklich sahen… Sonst hätten sie sich vielleicht anders verhalten. Dem Land und auch den Menschen gegenüber, die diese Landschaft geprägt hatten. Aber das ist ein anderes Thema, für einen anderen Artikel.
Solche modifizierte Landschaften sind auch in den Tropen sehr oft um die Häuser von Familien anzutreffen. Und auch dort sind sie für den Laien nicht sofort als Garten zu erkennen (eben kein Garten wie wir ihn kennen mit nackter Erde und in ordentilchen Reihen). Dort haben auch Bill Mollison und David Holmgren die Idee aufgegriffen.
Hier finden sich auf verschiedenen Ebenen essbare oder sonst für den Menschen nützliche Pflanzen: Eine Ebene mit sehr hohen, schatten spendenden Bäumen, darunter produktive kleinere Bäume , dann Sträucher, Stauden, Bodendecker und Kletterpflanzen. Und schon sind wir bei
den 7 bis
9 Ebenen eines klassischen Waldgartens angelangt.
- Hohe Bäume (z.B. Stickstoff bindend, Nussbäume…)
- Niedrigere produktive Bäume und große Sträucher (z.B. Obstbäume)
- Sträucher (z.B. Haselnüsse, Beerenbüsche…)
- Käuter und Stauden (z.B. Rhabarber, Liebstöckel, Beinwell…)
- Bodendecker/ Mulchschicht (z.B. Walderdbeeren, kriechender Beinwell…)
- Rizon und Wurzelpflanzen (z.B. Meerrettich, Topinambur…)
- Aquatische Pflanzen (z.B. Wasserkastanie, Brunnenkresse…)
- Myzelschicht (Pilze wie z.B. Braunkappen…)
Die beiden letzten Ebenen sind nicht in den klassischen 7 enthalten. Sie sind mir das erste Mal bei Temerate Climate Permaculture von John Kitsteiner über den Weg gelaufen.
Woran denkt ihr wenn ihr das Wort Waldgarten hört? Und habt ihr schon mal einen besucht oder pflanzt sogar selbst einen?
Ich finde das total toll, wenn man etwas tut, womit man aktiv den Artenschutz unterstützt.
Wenn ich durch meine Vorstadt laufe, reihen sich wirklich viele Asphaltgärten. Das macht mich dann immer unendlich traurig, es sieht ja nicht mal schön aus! Alle schreien immer nach Wohneigentum/Eigenheim, aber dass damit eben auch Verantwortung einher geht, ist den meisten nicht bewusst. Man kann sich doch pro Woche mal ein paar Minuten Zeit nehmen für Gartenpflege, anstatt alles aus Faulheit zuzumauern, oder?